Wie unsere Stärken unser
Wohlbefinden definieren. Zum
PERMA-Modell | Teil 2

Im zweiten Teil unserer „Anleitung zum Glücklichsein“ geht es um die PERMA-Faktoren R, P und E, die für „Relationship“, „Meaning“ und „Accomplishment“ stehen.

Nochmal zur Erinnerung:

PERMA ist ein Modell aus der Positiven Psychologie, das sich mit den Einflussfaktoren von Selbstwirksamkeit und Zufriedenheit beschäftigt. Entwickelt wurde es von Martin Seligmann und in Teil 1 habe ich bereits einen kurzen Überblick über die Entwicklung der Positiven Psychologie geliefert und die Einordnung in der Erwachsenenbildung.

Mit Blick auf unseren Berufsalltag – der einen entscheidenden Anteil an der Frage hat, ob wir glücklich und zufrieden sind – kann ich mithilfe von PERMA belegen, warum das Arbeiten in unseren Stärken so maßgeblich ist.

Nach den Faktoren P („Positive Emotions“) und E („Engagement“) aus Teil 1 machen wir also im Folgenden das Set komplett.

Faktor R wie Relationship – Weil wir ohne Beziehungen keine Unterstützung haben

Der Mensch ist ein soziales Wesen, heißt es immer. Und wir wissen, enge Beziehungen geben uns Halt. Doch neben den Beziehungen im Privaten sind auch die Verbindungen und Verhältnisse im beruflichen wichtig, denn diese sind es, die uns in Teams bleiben lassen. Zahlreiche Studien belegen, dass Menschen ihre Führungskräfte verlassen würden, aber wegen eines gut funktionierenden Teams in der Abteilung bleiben. Die Vorteile von guter Zusammenarbeit sind vielfältig. Zum einen identifizieren wir uns mit unseren Mitmenschen, wenn wir gemeinsam an Projekten arbeiten. Menschenorientierte Menschen aktivieren zudem auch noch ihr Belohnungssystem und erleben einen Ausstoß von körpereigenen Opiaten.

Zum anderen fördert vertrauensvolle Zusammenarbeit die psychologische Sicherheit. In zahlreichen Unternehmen wird eine moderne Fehlerkultur gewünscht. Weg vom absoluten Denken und der dichotomen Aufteilung zwischen Erfolg oder Versagen hin zu einem nachvollziehbaren, durchdachten Arbeiten, bei dem eben nun auch mal Fehler passieren können. Doch gute zwischenmenschliche Beziehungen am Arbeitsplatz können ein Sicherheitsnetz sein und fördern Vertrauen, Einsatz und auch das Verantwortungsbewusstsein. Keiner macht gerne Fehler, umso wichtiger ist es, dass wir dann eine zweite Chance bekommen.

Auch anders sein ist vollkommen in Ordnung

Frage ich in Teamentwicklungen, unter welchen Bedingungen die Menschen zusammenarbeiten wollen, dann stehen sehr schnell Worte wie „respektvoll“ und „wertschätzend“ auf den Metaplan-Karten. Doch was genau bedeutet das? Wir Menschen haben unterschiedliche Stärken und diese basieren auf unterschiedlichen Motiven. Wenn wir nach der Analyse der Stärken mittels des 8S Stärkeprofil® das Team auf der Plane mit dem Stärkerad aufstellen, dann erlebe ich, wie einzelne begreifen, dass wir völlig unterschiedlich sein können. Die einen sind beispielsweise absolut prozess-und ergebnisorientiert, während die anderen ihre Priorität auf das Zusammenarbeiten und den Austausch im Team legen. Je nach Motiven, die uns häufig nicht bewusst sind, handeln wir.

Angetrieben von unserem Motivationssystem kommt in Unternehmen ein Szenario gerade sehr häufig vor: Der Präsenztag, an dem zur Förderung des Teamgedanken und als Wertschätzung gegenüber allen erst einmal morgens der gemeinsame Kaffee getrunken wird. Die eine Person, die dann wiederum sich unauffällig zurückzieht, schon anfängt zu arbeiten, wird dann schnell von den anderen verurteilt à la: Streber, er/sie wieder, keine Zeit für das Team, wir sind wohl nicht wichtig genug …

Während die Teilnehmenden auf der Plane stehen, sieht man ihnen die Erkenntnisse häufig ins Gesicht geschrieben. Sie verstehen, warum die Person sich zurückzieht, denn letzten Endes stresst es die Person sogar, wenn sie morgens nicht erst mal Ergebnisse schafft, sich sortiert und abarbeitet.
Eine Kaffeepause wäre hier am späten Vormittag wunderbar, allerdings nicht sofort morgens als Erstes. Die sehr Menschenorientierten wiederum brauchen morgens erst einmal ein Ankommen, ein Kontaktaufnehmen und Sicherheit gewinnen. Am Ende heißt es, Verständnis aufbringen und ein
Miteinander finden, das für alle passt. Wenn wir die Motive verstehen, können wir uns auch auf die Inhalte konzentrieren bzw. erkennen wir dann auch wieder den WERT des anderen und können wertschätzend miteinander umgehen. Das mag für manche berechnend und manipulierend klingen.
Aber letzten Endes funktioniert der Mensch bzw. das Gehirn und das Belohnungssystem genau auf diesem Weg.

Respekt muss man sich erarbeiten …

… dann haben wir positive Auswirkungen auf unser Team und erleben wahres Verständnis. Wir erarbeiten uns den Respekt unserer KollegInnen und schenken in der Regel auch wieder anderen Menschen unseren Respekt. Übrigens weiß man aus der posttraumatischen sowie der
postextatischen Forschung, dass Menschen schwierige und vielleicht sogar traumatische Erlebnisse wesentlich besser verarbeitet bekommen, wenn sie in einem soliden und stabilen sozialen Gefüge leben. Das bezieht sich nicht nur auf die Primär-Familie, sondern kann sich auf ein gesamtes Dorf, das Vereinsleben oder enge Freundschaften beziehen.

Faktor M: Wie „Meaning“ unser Leben bereichert und Sinn im Alltag stiftet

Im Streben nach einem erfüllten und glücklichen Leben spielt das Element „Meaning“ (Sinn) eine entscheidende Rolle. „Meaning“ beschreibt das Gefühl, dass das, was wir tun, bedeutsam und wertvoll ist und dass unser Leben einen größeren Zweck hat. Doch wie können wir im hektischen
Alltag dieses Gefühl der Sinnhaftigkeit kultivieren und unser persönliches Zufriedensein steigern? Eine starke Quelle von Meaning kann für Menschen mit einer hohen Menschorientierung die Verbindung zu anderen Menschen sein. Durch die Pflege und Vertiefung von Beziehungen zu Familie
und Freunden erleben sie eine Bereicherung des eigenen Lebens. Zeit mit geliebten Menschen zu verbringen und ihnen zu helfen, gibt uns das Gefühl, Teil eines größeren Ganzen zu sein. Ebenso kann Engagement in der Gemeinschaft oder für wohltätige Zwecke ein tiefes Gefühl der Erfüllung und
Bedeutsamkeit vermitteln. Menschen mit hoher Selbstorientierung hingegen erleben viel mehr den Sinn im Erledigen von Aufgaben, im Erreichen von Ergebnissen.

Auch in der täglichen Arbeit kann Sinn gefunden werden. Überlegungen, wie die eigenen Aufgaben einen positiven Einfluss auf andere Menschen oder die Gesellschaft haben können, helfen dabei, die Arbeit bedeutungsvoller zu gestalten. Hobbys und Interessen, die Freude bereiten, vermitteln ebenfalls ein Gefühl der Sinnhaftigkeit. Aktivitäten, die wirklich am Herzen liegen, lassen das Tun als wertvoll und erfüllend erleben.

Kein Fachartikel ohne Purpose

Wer in den letzten Jahren Fachzeitschriften rund um Personal und Management aufgeschlagen hat, wird vermutlich mindestens einen Artikel zum Thema „Purpose“ finden. Die Arbeitswelt hat entscheidenden Einfluss auf unseren Frust oder aber eben auf unsere Zufriedenheit. Genau
deswegen ist es so wichtig, dass wir auch hier unseren Sinn und Zweck erkennen. Während Menschen früher lebten, um zu arbeiten, wechselt diese Perspektive immer mehr zum Motto „Arbeite, um zu leben“. Man spricht davon, dass die nachkommenden Generationen diese Werte noch wesentlich intensiver verfolgen, als beispielsweise die Babyboomer. Aus Perspektive der Neurowissenschaft macht das durchaus Sinn, denn egal welche Art von Frust wir erleben, dieser ist immer stärker als unsere Motivation.

Bzw. muss man sagen, wenn ich keinen Sinn in meinem Tun sehe, wenn ich mich aufraffen muss, um langweilige, sinnlose Arbeit zu erledigen, dann kämpfe ich gegen mein eigenes System. Denn dann erleben wir keine Antriebsenergie in Form von Motivation, sondern viel mehr möchte das System
diese Situation vermeiden. Das Überwinden und Aufraffen, die Arbeit dennoch zu erledigen, ist somit wesentlich anstrengender, als wenn es positiv besetzt ist und ich motiviert bin, weil die Aufgabe Sinn ergibt und Freude macht.

Daher wird dieser Faktor auch im Berufsleben immer bewusster wahrgenommen und hochgehalten. Wie Führungskräfte ebenfalls positiv dazu beitragen können, behandeln wir in einem der nächsten Beiträge.

Faktor A wie Accomplishment: Oder ist der Weg ist das Ziel?

Den Weg als Ziel zu nehmen ist ein philosophischer Ansatz, der sicherlich etwas Gutes für sich hat, vor allen Dingen jedoch dann, wenn das Ziel klar ist, in diesem Fall also der Weg. Accomplishment im Rahmen des PERMA-Modells beschreibt das Gefühl, Ziele zu erreichen, Aufgaben zu meistern und persönliche oder berufliche Erfolge zu erzielen. Es geht darum, Fortschritte zu machen und Anerkennung für die eigenen Leistungen zu erhalten.

Dabei geht es nicht um die Optimierung der Menschen und Arbeitsweisen in unserer eh zur maximalen Effizienz neigenden Gesellschaft. Accomplishment trägt erheblich zur Zufriedenheit und zum Wohlbefinden des Individuums bei, da es beispielsweise das Gefühl der Kompetenz und
Selbstwirksamkeit stärkt. Dabei ist ein elementarer Baustein, wahrzunehmen, was bereits alles gut läuft, was erreicht wurde, was heute gut geklappt hat. Es geht auch nicht um Positiv-Washing, sondern um die Aktivierung und Bestätigung unserer Handlungskompetenz.

Das Erreichen von Zielen erfordert oft Anstrengung und Ausdauer. Schwierigkeiten und Rückschläge sind Teil des Prozesses, und es ist wichtig, motiviert zu bleiben und weiterzumachen. Mit dem Fokus nauf das Ziel sowie eventuell das Wahrnehmen von Teilzielen fördern wir die Motivation, erleben Selbstwirksamkeit und gehen Schritt für Schritt dem Ziel entgegen.

Die Forschung sagt dazu:

Auch in der Forschung haben sich verschiedenste Menschen bereits mit den Auswirkungen von Zielen beschäftigt. So hat der kanadische Psychologe Bandura (u.a. auch bekannt für seine Theorie „Lernen am Modell“) in seinem Buch Self-Efficacy (1997) aufgezeigt, dass sich Menschen mit hoher
Selbstwirksamkeit eher anspruchsvolle Ziele setzen, mehr Anstrengung investieren und widerstandsfähiger gegenüber Rückschlägen sind. Und natürlich wurde auch der Faktor Leistung begutachtet. In dem Fall von Locke und Latham (2002). Sie fanden in ihrer Metaanalyse zu den Themen Zielsetzung und Leistung heraus, dass spezifische und herausfordernde Ziele zu signifikant höheren Leistungsniveaus führen als allgemeine oder leicht zu erreichende Ziele.

Alles in allem ist es wichtig, Ziele und vor allem die erreichten Dinge wahrzunehmen und sich, bewusst zu machen (Accomplishment). Das Feiern von Erfolgen mit anderen Menschen stärkt die Beziehungsebene (Relationship) des PERMA Modells, die Verbindung mit Sinn oder gar das Arbeiten in den eigenen Stärken zahlt sich positiv auf die Faktoren Meaning, Engagement und Positive Emotions ein.

Das PERMA-Modell ist ein integratives Rahmenwerk der positiven Psychologie, das fünf zentrale Elemente identifiziert, die zu menschlichem Wohlbefinden und Zufriedenheit beitragen. Es zahlt dabei elementar auf die Handlungsweisen der Erwachsenenbildung ein, die schon immer nach dem Postulat „Hilfe zur Selbsthilfe“ gearbeitet hat. Im Fokus meiner Arbeit und in Zentrum dieses Artikels geht dieses Postulat mithilfe der PERMA-Faktoren so weit, vom Glücklichsein im Berufsalltag zu sprechen. Damit wir uns nicht verausgaben, nicht ausbrennen und den Beruf nicht als Energiedieb erleben.

Anleitung zum Glücklichsein

Denn auch im Berufsalltag gilt: Positive Emotionen umfassen das Erleben von Freude, Zufriedenheit und anderen angenehmen Gefühlen, die das allgemeine Wohlbefinden fördern. Engagement bezieht sich auf das vollständige Aufgehen in Aktivitäten, bei denen Personen in einem Zustand des „Flows“ sind, was die Produktivität und das psychische Wohlbefinden erhöhen. Beziehungen, die soziale Verbindungen und Unterstützung umfassen, sind essentiell für emotionales Wohlbefinden und bieten wichtige Ressourcen in Zeiten von Stress. Sinn beinhaltet das Gefühl, dass das Leben bedeutungsvoll ist und dass die eigenen Handlungen einen größeren Zweck haben, was zu einer tieferen Zufriedenheit führt. Accomplishment schließlich beschreibt das Erreichen von Zielen und die Anerkennung für persönliche oder berufliche Erfolge, was das Gefühl der Kompetenz und
Selbstwirksamkeit stärkt.

Das PERMA-Modell bietet somit einen umfassenden Ansatz zur Förderung des Wohlbefindens, indem es sowohl individuelle als auch soziale Dimensionen berücksichtigt. Es liefert eine theoretische Grundlage für Interventionen, die darauf abzielen, die Lebensqualität zu verbessern und psychisches Wohlbefinden zu steigern.

In meiner bzw. unserer Arbeit ist immer eine der obersten Prämissen: Menschen die Möglichkeiten zu geben, sich selbst zu entwickeln. Nicht selten werde ich gefragt: Wie gelingt es, dass Menschen sich verändern? Und meine Antwort ist relativ einfach. Indem sie erkennen, welchen Mehrwert ein
anderes Verhalten, eine wechselnde Perspektive oder auch ein anderer Führungsstil bringt. Wir müssen erkennen, dass wir selbst es in der Hand haben. Denn andere Menschen werden wir nicht verändern. Wir müssen (und können) lernen, mit Situationen, Projekten und auch unseren eigenen
Themen umzugehen.

Darüber hinaus können wir natürlich Teams und Führungskräfte in diesem Sinne entwickeln. Genau im Licht dieses spannenden Punktes liegen aktuelle Themen unserer Zeit: Mitarbeiterzufriedenheit, Teamentwicklung, Employer Branding usw.

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