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Im letzten Blogbeitrag haben wir uns mit dem Thema Care-Faktor in der Führung auseinandergesetzt. Dabei ging es darum, wie sich die Fürsorge eines Vorgesetzten positiv auf die Beziehung zu den Mitarbeitenden und auf die gesamte Unternehmenskultur auswirkt. Heute gibt es etwas für unsere Selbstwirksamkeit, denn es geht um die Einflussfaktoren, die wir selbst beachten können, um
glücklich zu sein.

Und um nichts Geringeres soll es im Folgenden gehen, ums Glücklichsein. Wir machen einen kleinen Abstecher in die Welt der Positiven Psychologie und untermauern mithilfe der PERMA-Faktoren die Behauptung, dass das Arbeiten in unseren Stärken einen maßgeblichen Anteil daran hat, ob wir in unserem Beruf aufgehen und zufrieden sind.

Bloß ein Job? Selbstverwirklichung als Antrieb

Wir leben in einer Zeit und Gesellschaft, in der unsere Grundbedürfnisse weitestgehend zufriedengestellt sind. Immer wieder gibt es kurze Störungen durch Krisen, aber grundsätzlich sind die ersten 4 Stufen der menschlichen Bedürfnisse, die beispielsweise Maslow in seiner Pyramide definiert (Physiologische Bedürfnisse, Sicherheitsbedürfnisse, Soziale Bedürfnisse, Individualbedürfnisse), weitgehend befriedigt. 

Doch was ist mit der 5. Stufe, dem „Höchsten der Gefühle“, der Selbstverwirklichung?

Für viele Menschen hängt Selbstverwirklichung maßgeblich mit der Arbeit zusammen, der sie tagtäglich nachgehen. Arbeit kann sinnstiftend und erfüllend sein, weit mehr als „nur“ ein Broterwerb. Doch allzu oft ist sie ein Energiedieb oder wird als Zeitverschwendung oder im schlimmsten Fall sogar als krank machend empfunden.

Ein Stück weit können wir dem vorbeugen, wenn es uns gelingt, in unseren Stärken zu arbeiten. Das PERMA-Modell aus der Positiven Psychologie kann diese These untermauern und eine Anleitung zum Zufriedensein liefern.

Positive Psychologie: Seien Sie ressourcen- statt fehlerorientiert!

In der Erwachsenbildung ist neben der fachlich inhaltlichen Weiterbildung eine entscheidende Aufgabe, Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten. Wie unterstütze ich als ErwachsenenbildnerIn oder auch Coach meine potentiellen KlientInnen? Damit nimmt ein/e ErwachsenenbildnerIn die Rolle ein zwischen einem Therapeuten/einer Therapeutin, der/die sich um diagnostizierbare Probleme kümmert, und einem Berater/einer Beraterin, der/die es kurz gesagt besser weißt. Es geht um die individuelle Entwicklung, um das „Enablen“ der KlientInnen.

Mitte der 90er Jahre hat sich auch ein Teilbereich der Psychologie genau in diese Richtung entwickelt. Martin Seligmann wurde Vorsitzender der APA (American Psychological Association) und gab eine neue Richtung aus: die Positive Psychologie (wobei es übrigens Abraham Maslow war, der das Wort in den 1950ern zuerst verwendete und den Gedanken hervor hob).

Die Grundidee ist klar: Weg von einer defizitorientierten Psychologie mit dem Fokus, was ist „krank“ und „nicht normal“ und wie bekommen wir das wieder auf ein gewisses Maß an „gesund“ bzw. „normal“, hin zu einer ressourcenorientierten Sichtweise. Damit kam eine ganz neue Zielgruppe in den Fokus der Psychologie, eben alle, die „gesund“ sind und sich von diesem „normalen“ Zustand auf Basis ihres Potentials weiterentwickeln möchten.

Ein Grundgedanke, der in der Erwachsenenbildung schon immer an der Tagesordnung war. Doch grandioser Weise ist der Positiven Psychologie mit ihrer Forschungskraft etwas gelungen, das nunmehr weitreichende Kreise zieht und sich zu einer etablierten Wissenschaft entwickelt hat. Eine ihrer Vertreterinnen in Deutschland ist Prof. Dr. Judith Mangelsdorfer, die seit 2021 eine volle Professur für die Positive Psychologie inne hat oder auch Daniela Blickhan.

Permanent PERMA

Eine der Kernbotschaften der Positiven Psychologie ist, dass wir Menschen selbst einen Beitrag dazu leisten können, glücklich zu sein. Martin Seligman berichtet in seinem Buch „Wie wir Aufblühen (2015)“ von einem Schlüsselerlebnis mit seiner Tochter, die mit 5 Jahren beschlossen hat, nicht mehr so viel zu weinen und dies erfolgreich umgesetzt hat. Seligman forschte lange Zeit zu den Themen Depressionen und erlernte Hilflosigkeit, bevor er die Perspektive wechselte und sich mit den Einflussfaktoren vom Glücklichsein beschäftigte.

Mit dem Akronym bzw. dem Modell PERMA fasst er Bedingungen zusammen, die ein Individuum selbst erleben können muss und die Voraussetzung sind, um persönliches Wohlbefinden (self well-being) zu erleben.

Das Modell gilt als extrem prägend in der Positiven Psychologie und wurde von verschiedensten ForscherInnen aufgenommen, ergänzt und versuchsweise weiterentwickelt. Basis bleiben die von Seligman definierten 5 Säulen (auch wenn er selbst angedeutet hat, dass eine 6. hinzukommen könnte).

PERMA steht für:

  • Positive Emotions
  • Engagement
  • Relationship (Beziehungen)
  • Meaning (Sinn)
  • Accomplishment / Achievement

Im Folgenden befassen wir uns mit diesen 5 Faktoren und versuchen mit praxisnahen Beispielen deren Wirkung auch aus neurobiologischer Perspektive zu erklären und ihre Relevanz im Berufsleben darzustellen.

Faktor P wie „Positive Emotions“

Oder: wie fokussierst du? Riechst du frisch gemähtes Gras oder nervt dich der Lärm des Rasenmähers? Und wie interpretierst du die Handlungen aus deinem Umfeld?

Hier ein Beispiel aus meiner jüngeren Vergangenheit: Ich darf eine Teamentwicklung mit den Mitarbeitenden einer Personalentwicklungsabteilung durchführen. In einer Kaffeepause stehen die Teilenehmenden in kleinen Gruppen zusammen. Eine Dame nimmt sich eine in Bayern üblich Butterbreze und fängt an: „Schau hier gibt’s die noch. Für unsere Teilnehmenden hat der Chef die ja abgesägt.“ Da fragt ein Kollege, wie sie darauf komme und sie antwortet, dass sie eine Nachricht bekommen hätte, dass sie sich vor den Seminaren nicht mehr um Butterbrezn kümmern müsse.
Plötzlich stand besagter Chef hinter ihr und meinte nur: „Richtig, Claudia, nachdem du morgens eh immer extrem knapp dran bist, habe ich in der Kantine den Bestellprozess geändert. Wir bekommen die Brezn jetzt immer direkt in den Seminarraum geliefert.“

Ein wunderbares Beispiel dafür, dass die Mitarbeitende von vornherein erwartet hat, dass sie weiter in ihren Boni und Gefälligkeiten seitens des Unternehmens beschnitten wird. Sie erwartet von vornherein etwas Negatives und war völlig perplex, dass der Chef es sogar gut meinte und für sie mitdachte.

3 x mehr Gutes

Unser Gehirn arbeitet nach Mustern. Lernt es, dass die ganze Welt gemein und gegen mich ist, erwarten wir das auch in Zukunft. Dabei hat doch alles mindestens 2 Seiten, oder? Somit könnte es auch jedes Mal genau anders interpretiert und erwartet werden, oder nicht?

Hinzu kommt, dass unser Gehirn leider nicht wie eine Waage mit gegenüberliegenden Schalen arbeitet, die sich gegenseitig austarieren. Wir gewichten Negatives immer stärker und müssen dreimal mehr Gutes erleben, um ein Gleichgewicht zu empfinden.

In jedem Fall können wir festhalten: Positive Emotionen sind ein wichtiger Baustein in Bezug auf unser Wohlbefinden, auch im Beruf. Und sie sind immer auch eine Frage der Interpretation.

Faktor E wie „Engagement“

Dieser Begriff, bzw. wie die Positive Psychologie ihn versteht, ist nicht direkt ins Deutsche zu übersetzen, denn es ist so viel mehr als nur das Sich-Einbringen für eine Aufgabe gemeint. Er beschreibt letzten Endes das Arbeiten in Stärken bis hin zum Empfinden des so berühmten Flow-Gefühls, der Zustand, in dem die an uns gestellten Aufgaben genau zu unserer Leistungsfähigkeit passen.

Erforscht wurde dieses Gefühl ursprünglich von Mihaly Csikszentmihalyi und wird spannenderweise heute ganz viel mit Menschen während des Computerspielens beobachtet. Wichtig ist, dass wir im Flow sind, erleben wir nur indirekt, denn währenddessen gehen wir voll und ganz in der Aufgabe auf, vergessen Zeit und Raum und sind in der Regel im Nachhinein völlig verwundert, wie spät es bereits ist.

Doch Engagement bedeutet eben nicht nur im Flow zu arbeiten, denn diesen Zustand erlebt man nur ungestört, und viele von uns wissen, dass E-Mails, Handys und diverse Messanger im Alltag nur selten ein vollkommen konzentriertes Arbeiten zulassen. Laut Ulrich M, Keller J, Hoenig ist der Flow auch keineswegs Dopamin-geprägt, sondern scheint mit dem Erreichen des Ziels in Verbindung zu stehen.
Auch wurden in verschiedensten Studien Aktivitäten in dem Bereich des Gehirns festgestellt, der für das Tagträumen zuständig ist. Eine Aktivität, die beim hochkonzentrierten Arbeiten im Flow kaum vorstellbar ist, aber weiter erforscht wird.

Booster fürs Wohlbefinden: Arbeiten in Stärken

Flow ist aber nur ein Teil des Engagements. Ein weiterer entscheidender Teil ist das Arbeit in unseren Stärken, und zwar den Stärken, die neurobiologisch in uns verankert sind und auf Belohnungssystem und Gehirnpräferenzen basieren, wie sie beispielsweise das 8S Stärkeprofil® definiert. Denn arbeite ich in Bereichen, die mir liegen, bin ich motiviert und habe eine dementsprechende dopaminerge Aktivität. Ich erlebe also einen Antrieb, um die Aufgabe zu erledigen. Und das wiederum mache ich, weil ich die Aussicht auf eine Belohnung habe.

Gleichzeitig kosten mich die Aufgaben vergleichsweise wenig Körperenergie, ich brauche keine besondere Konzentration oder Fokussierung. Genau aus diesen Gründen arbeiten wir sehr gerne in Aufgabenbereichen, die unseren Stärken entsprechen, denn sie sparen uns Energie und wir haben gleichzeitig auch noch Aussicht auf Belohnung (zumindest unbewusst). Aber Achtung, Stärken
können auch zur Schwäche werden bzw. können wir komplett ausbrennen, obwohl wir hochmotiviert sind. Aber dazu in einem anderen Beitrag mehr.

In diesem Blog-Beitrag geht es um die 5 PERMA-Faktoren, die aktiv auf unser persönliches Wohlbefinden (Self-Wellbeing) einzahlen. Und hier liegt der Zusammenhang zu unseren Stärken. Denn statt Lust kann das Nichtbeachten der Stärken auch Frust auslösen. Und Frust untergräbt zuverlässig unser Wohlbefinden.

Lust statt Frust

Das Arbeiten in unseren Stärken fördert also auf natürliche Art und Weise die Lust am Sich-Einbringen bzw. am Erledigen der Aufgaben, denn beim Erreichen eines Ziels werden körpereigene Opiate ausgeschüttet und wir erleben Freude am Tun. Im Gegenteil übrigens zu Bereichen, die uns weniger liegen. Fachlich können wir in der Regel auch diese Aufgaben, aber sie kosten uns eben extrem viel Energie, weil wir häufig wenig dopaminergen Antrieb haben. Gleichzeitig können Aufgaben, die uns weniger liegen, auch mit wesentlich mehr Frust oder auch Überforderung oder Stress in Verbindung stehen. Dies alles setzt sich deutlich im Körper durch und verdrängt so etwas „Softes“ wie Vorfreude.

Aus diesem Grund ist es wichtig, seine Stärken zu managen, um damit eindeutig die Chance zu erhöhen, auch glücklich und zufrieden zu sein.

So viel zu den ersten zwei Faktoren von PERMA in Bezug auf unsere Stärken. Im nächsten Blogbeitrag schauen wir dann die verbleibenden 3 Faktoren an und legen offen, was Sie für Ihr ganz persönliches Wohlbefinden tun können.

Verstehen Sie nun schon, warum unser Motto ist: Lebe deine Stärken, spüre den Erfolg?

Ulrich M, Keller J, Hoenig K et al. Neural
correlates of experimentally induced
flow experiences. Neuroimage 2014; 86:
194–202

Seligman, Martin: Wie wir aufblühen – Die fünf Säulen des persönlichen Wohlbefindens, Goldmann 2015

 

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